Eine vorformulierte Vertragsklausel in einem Mietvertrag gilt nur dann als individuell ausgehandelt, wenn der Vermieter deren Inhalt ernsthaft zur Diskussion stellt und dem Mieter echte Mitgestaltungsmöglichkeiten einräumt. Die bloße Wahl zwischen zwei Alternativen – beispielsweise zwischen zwei Vertragsvarianten – reicht dafür nicht aus.
In einem Berliner Mietverhältnis kam es zwischen der Vermieterin und der Mieterin zu Streit über die Rückzahlung der Kaution. Im Zentrum des Streits steht eine Klausel, nach der die Mieterin bei einem Auszug vor Fälligkeit von Schönheitsreparaturen anteilige Renovierungskosten tragen soll (sogenannte Quotenabgeltungsklausel). Die Wirksamkeit dieser Klausel hängt davon ab, ob sie individuell ausgehandelt wurde oder als Allgemeine Geschäftsbedingung (AGB) zu werten ist – nur im ersten Fall wäre sie wirksam.
Die Vermieterin legte zunächst einen Vertragsentwurf vor, der einen Kündigungsausschluss von 48 Monaten sowie die Übernahme der Schönheitsreparaturen durch die Vermieterin vorsah. Im zweiten, letztlich unterzeichneten Entwurf wurden die Kündigungsfrist auf 24 Monate verkürzt und die Pflicht zur Durchführung von Schönheitsreparaturen auf die Mieterin übertragen. Die Miete wurde im Gegenzug um 56 Euro reduziert. Zusätzlich wurde vereinbart, dass bei einem Auszug vor Ablauf des Renovierungszyklus anteilige Kosten von der Mieterin zu übernehmen seien – die streitgegenständliche Quotenabgeltungsklausel.
Die Vermieterin argumentiert, dass die betreffende Klausel individuell vereinbart wurde, da sie zu Änderungen am Vertrag bereit gewesen sei und der Mieterin verschiedene Vertragsvarianten zur Auswahl gestellt habe.
Der Bundesgerichtshof (BGH) hat entschieden, dass die Quotenabgeltungsklausel eine Allgemeine Geschäftsbedingung darstellt und nicht wirksam ist. Solche Klauseln sind nur dann zulässig, wenn sie individuell ausgehandelt wurden. Andernfalls benachteiligen sie den Mieter unangemessen im Sinne von § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB. Grund hierfür ist, dass die Klausel vom Mieter verlangt, hypothetische Berechnungen über künftige Renovierungskosten anzustellen – eine unzumutbare Belastung.
Nach ständiger Rechtsprechung genügt es nicht, wenn eine Vertragsbestimmung lediglich erklärt oder erläutert wird. Der Vermieter muss bereit sein, den wesentlichen Inhalt der Klausel zur Disposition zu stellen und dem Mieter echte Einflussmöglichkeiten einzuräumen.
Im vorliegenden Fall lagen keine Anzeichen dafür vor, dass die Vermieterin den Kern der Quotenabgeltungsklausel – nämlich die Verpflichtung zur anteiligen Kostenübernahme – tatsächlich zur Diskussion gestellt hätte. Die Wahl zwischen zwei bereits vorformulierten Vertragsversionen reicht nicht aus, um von einem echten Aushandeln zu sprechen.
Auch die Tatsache, dass andere Vertragsbestandteile – wie die Laufzeit oder Miethöhe – geändert wurden, lässt nicht automatisch den Schluss zu, dass auch die Quotenabgeltungsklausel individuell ausgehandelt wurde. Die Individualvereinbarung muss sich konkret auf die jeweilige Klausel beziehen, um einer AGB-Kontrolle zu entgehen.
Da kein echtes Aushandeln der Quotenabgeltungsklausel stattgefunden hat, ist diese als unwirksame AGB zu qualifizieren. Der Mieterin dürfen auf dieser Grundlage keine anteiligen Renovierungskosten auferlegt werden.
(BGH, Beschluss vom 8. April 2025, Az. VIII ZR 245/22)
Astrid Schultheis ist eine von vier bundesweit ö.r.v.u.b. Sachverständige für Wohnungseigentumsverwaltung und schreibt Gutachten für Gerichtsverfahren, insb. zum Thema WEG-Abrechnung und Rechnungswesen. Sie ist Mitentwicklerin der WEG-Musterabrechnung 1.0 - 3.0 und ist seit über 30 Jahren Inhaberin einer mittelständischen Verwaltungsgesellschaft.
Bei SCALARA arbeitet sie seit Anbeginn an der Konzeption insb. des Buchhaltungs- und Zahlungsverkehrmoduls mit und unterstützt mit Ihrem einzigartigem fachlichen Know-How.
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