Rechtsprechung

BGH-Urteil: Teilanfechtung von Abrechnungsspitzen möglich - Erhebliche Kostenreduzierung für Wohnungseigentümergemeinschaften

29.04.2025
2 Minuten

Mit seinem aktuellen Urteil vom 11. April 2025 (Az. V ZR 96/24) hat der Bundesgerichtshof (BGH) die bisherige Rechtsauffassung grundlegend geändert: Ab sofort ist die Teilanfechtung von Abrechnungsergebnissen (sog. Abrechnungsspitzen) zulässig.

Bislang galt als Mehrheitsmeinung das strenge „Alles-oder-Nichts“-Prinzip: Ein Beschluss über Nachschüsse oder Vorschussanpassungen war entweder insgesamt gültig oder insgesamt ungültig. Diese Auffassung hat der Bundesgerichtshof nicht bestätigt.

Kern der Entscheidung:

Ein Beschluss über eine Abrechnungsspitze kann künftig teilweise für ungültig erklärt werden, wenn:

  • die Abrechnungsspitze einen rechnerisch selbständigen und klar abgrenzbaren Einzelfehler enthält (z.B. falscher Verteilungsschlüssel, nicht abgeflossene Kosten, fehlerhafte Verteilung von Rücklagen)

Im vom BGH entschiedenen Fall ging es um die Verteilung einer Entnahme aus Rücklage – ein klassischer Einzelfehler.

Praktische Auswirkungen:

  • Rechtskraft des übrigen Beschlusses: Der fehlerfreie Teil der Abrechnung bleibt wirksam und durchsetzbar.
  • Deutliche Reduzierung der Verfahrenskosten: Statt die gesamte Jahresabrechnung anzufechten, beschränkt sich der Streitwert künftig auf den Wert des konkreten Einzelfehlers. Beispiel: Anstelle eines Streitwerts von 4.000 € reduziert sich der Wert etwa auf 100 €, was die Verfahrenskosten für die Gemeinschaft erheblich senkt.
  • Haftungsentlastung für Verwalter: Auch die mögliche Haftung der Verwaltung beschränkt sich künftig nur noch auf den jeweiligen Einzelfehler.

Fazit:

Das BGH-Urteil bringt erhebliche Vorteile: weniger Anfechtungen in großem Stil, niedrigere Prozesskosten und geringeres Haftungsrisiko für Verwalter.

Ein Artikel von
Astrid Schultheis
SCALARA Expertin für Rechnungswesen; Ö.r.b.u.v. Sachverständige für Wohnungseigentumsverwaltung; Mitentwicklerin der WEG-Musterabrechnung

Astrid Schultheis ist eine von vier bundesweit ö.r.v.u.b. Sachverständige für Wohnungseigentumsverwaltung und schreibt Gutachten für Gerichtsverfahren, insb. zum Thema WEG-Abrechnung und Rechnungswesen. Sie ist Mitentwicklerin der WEG-Musterabrechnung 1.0 - 3.0 und ist seit über 30 Jahren Inhaberin einer mittelständischen Verwaltungsgesellschaft.
Bei SCALARA arbeitet sie seit Anbeginn an der Konzeption insb. des Buchhaltungs- und Zahlungsverkehrmoduls mit und unterstützt mit Ihrem einzigartigem fachlichen Know-How.
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