Rechtsprechung

Bundesgerichtshof klärt: Kein Beweisverfahren zur Ermittlung der Vergleichsmiete

27.08.2025
3 Minuten
Inhaltsübersicht

Ausgangslage: Streit um Mieterhöhung

In Berlin verlangten Vermieter von ihrem Mieter eine Erhöhung der Nettokaltmiete mit der Begründung, die ortsübliche Vergleichsmiete sei höher. Der Mieter verweigerte die Zustimmung, da er die vom Vermieter genannten wohnwerterhöhenden Merkmale bestritt.

Daraufhin beantragten die Vermieter beim Amtsgericht die Einholung eines Sachverständigengutachtens im Rahmen eines selbstständigen Beweisverfahrens. Dieses sollte 18 Fragen zu Wohnwertmerkmalen klären. Amts- und Landgericht lehnten den Antrag als unzulässig ab. Die Vermieter gingen bis zum Bundesgerichtshof (BGH).

Entscheidung des BGH

Der BGH bestätigte die Auffassung der Vorinstanzen:
Ein selbstständiges Beweisverfahren nach § 485 ZPO ist zur Ermittlung der ortsüblichen Vergleichsmiete oder einzelner Wohnwertmerkmale unzulässig. Vermieter haben hierfür kein rechtliches Interesse, weil der Gesetzgeber bereits ein eigenes Verfahren zur Mieterhöhung geschaffen hat.

Rechtlicher Rahmen

  • Nach § 485 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO ist ein selbstständiges Beweisverfahren nur zulässig, wenn dadurch ein Rechtsstreit vermieden werden kann.
  • Für Mieterhöhungen gelten jedoch die speziellen Regelungen der §§ 558 bis 558b BGB:
    • Mieterhöhung frühestens nach 15 Monaten Stillstand der Miete.
    • Schriftliche Begründungspflicht nach § 558a BGB (z. B. Mietspiegel, Vergleichswohnungen, Gutachten).
    • Mieter erhält nach § 558b Abs. 2 BGB eine Überlegungsfrist bis Ende des zweiten Kalendermonats.
    • Lehnt er ab, muss der Vermieter innerhalb von drei Monaten Klage erheben.

Dieses Verfahren ist auf Streitvermeidung ausgelegt und enthält Schutzmechanismen zugunsten des Mieters.

Gründe gegen ein Beweisverfahren

  • Umgehung der Schutzvorschriften: Der Mieter müsste sich bereits vor Ablauf der gesetzlichen Fristen mit einem Gutachten auseinandersetzen.
  • Kostenrisiko: Es besteht die Gefahr, dass der Mieter Gutachtenkosten tragen müsste, obwohl er im regulären Mieterhöhungsverfahren davor geschützt ist.
  • Kein Beitrag zur Streitvermeidung: Das Mieterhöhungsverfahren selbst ist bereits so ausgestaltet, dass eine außergerichtliche Einigung möglich bleibt.

Konsequenz

Ein selbstständiges Beweisverfahren zur Feststellung der Vergleichsmiete oder von Wohnwertmerkmalen ist nicht zulässig. Vermieter müssen sich allein auf die gesetzlichen Vorgaben der §§ 558 ff. BGB stützen und ihre Mieterhöhungsverlangen entsprechend begründen.

BGH, Beschluss vom 15.07.2025 – VIII ZB 69/24

Ein Artikel von
Astrid Schultheis
SCALARA Expertin für Rechnungswesen; Ö.r.b.u.v. Sachverständige für Wohnungseigentumsverwaltung; Mitentwicklerin der WEG-Musterabrechnung

Astrid Schultheis ist eine von vier bundesweit ö.r.v.u.b. Sachverständige für Wohnungseigentumsverwaltung und schreibt Gutachten für Gerichtsverfahren, insb. zum Thema WEG-Abrechnung und Rechnungswesen. Sie ist Mitentwicklerin der WEG-Musterabrechnung 1.0 - 3.0 und ist seit über 30 Jahren Inhaberin einer mittelständischen Verwaltungsgesellschaft.
Bei SCALARA arbeitet sie seit Anbeginn an der Konzeption insb. des Buchhaltungs- und Zahlungsverkehrmoduls mit und unterstützt mit Ihrem einzigartigem fachlichen Know-How.
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