Gut zu wissen

„Darf ich meine Nachbarin mitbringen?“ – Wer darf an der Eigentümerversammlung teilnehmen?

03.07.2025
2 Minuten

In der Praxis der Wohnungseigentumsverwaltung taucht eine Frage immer wieder auf – manchmal beiläufig, manchmal mit Nachdruck: „Darf ich meine Nachbarin zur Eigentümerversammlung mitbringen?“ Die Antwort ist nicht so simpel, wie sie scheint – denn das Wohnungseigentumsgesetz (WEG), die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH) und die Gemeinschaftsordnung setzen klare Rahmenbedingungen für die Teilnahmeberechtigung an der Eigentümerversammlung.

Grundsatz: Teilnahme nur für Eigentümer (und ihre Vertreter)

Nach § 24 Abs. 1 WEG sind grundsätzlich nur die Wohnungseigentümer zur Teilnahme an der Versammlung berechtigt. Jeder Eigentümer darf sein Stimmrecht persönlich ausüben oder sich vertreten lassen, z. B. durch:

  • Ehepartner oder andere Familienangehörige,
  • Miteigentümer bei Bruchteilsgemeinschaften,
  • Vollmachtnehmer (auch externe Dritte, z. B. Anwälte oder Nachbarn).

Voraussetzung: Die Vertretung muss durch eine formgerechte Vollmacht nachgewiesen werden – in Textform, wenn nichts anderes in der Gemeinschaftsordnung geregelt ist.

Zuschauer? Nicht ohne Zustimmung

Was ist aber mit der Nachbarin“, die einfach nur zuhören möchte?

Hier greift ein oft unterschätzter Grundsatz: Eigentümerversammlungen sind keine öffentlichen Veranstaltungen. Wer nicht Eigentümer oder ordnungsgemäß bevollmächtigt ist, hat kein automatisches Anwesenheitsrecht.

Das bedeutet:

  • Eine Begleitperson darf nicht ohne Weiteres teilnehmen, selbst wenn sie keine Wortmeldung abgibt.
  • Die Zustimmung der Versammlung ist erforderlich.
  • Einzelne Eigentümer können dagegen Einspruch erheben, insbesondere wenn es um vertrauliche Themen (z. B. Hausgeldrückstände, bauliche Maßnahmen, Konflikte) geht.

Ausnahme: Sachverständige oder Anwälte

In Einzelfällen ist die Anwesenheit von Fachpersonen gerechtfertigt, etwa:

  • Rechtsanwalt des Eigentümers zur Vertretung oder Beratung,
  • Gutachter, wenn ein Eigentümer bautechnische Fragen klären möchte,
  • Dolmetscher, wenn Sprachbarrieren bestehen.

Auch hier gilt: Eine Vollmacht oder ein Hinweis im Vorfeld an die Verwaltung schafft Klarheit und vermeidet Konflikte.

Empfehlungen für die Praxis

  • Verwaltungen sollten in ihrer Einladung auf den Teilnahme- und Vertretungsrahmen hinweisen („Teilnahme nur für Eigentümer oder ordnungsgemäß bevollmächtigte Vertreter“).
  • Bei Unsicherheit empfiehlt sich ein Hinweis: „Bitte informieren Sie uns vorab, wenn Sie eine Begleitperson mitbringen möchten.“

Fazit: „Mitbringen“ ist nicht gleich „teilnehmen dürfen“

Auch wenn das Bedürfnis nach Unterstützung oder Begleitung nachvollziehbar ist – in der Eigentümerversammlung gelten klare Teilnahmegrenzen. Nur wer Eigentümer, rechtmäßiger Vertreter oder durch Zustimmung zugelassen ist, darf dabei sein. Alles andere liegt nicht im Ermessen des Einzelnen, sondern im Rahmen des geltenden WEG-Rechts und der gemeinschaftlichen Ordnung.

Ein Artikel von
Astrid Schultheis
SCALARA Expertin für Rechnungswesen; Ö.r.b.u.v. Sachverständige für Wohnungseigentumsverwaltung; Mitentwicklerin der WEG-Musterabrechnung

Astrid Schultheis ist eine von vier bundesweit ö.r.v.u.b. Sachverständige für Wohnungseigentumsverwaltung und schreibt Gutachten für Gerichtsverfahren, insb. zum Thema WEG-Abrechnung und Rechnungswesen. Sie ist Mitentwicklerin der WEG-Musterabrechnung 1.0 - 3.0 und ist seit über 30 Jahren Inhaberin einer mittelständischen Verwaltungsgesellschaft.
Bei SCALARA arbeitet sie seit Anbeginn an der Konzeption insb. des Buchhaltungs- und Zahlungsverkehrmoduls mit und unterstützt mit Ihrem einzigartigem fachlichen Know-How.
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