
Die Zeit drängt: Am 31. Dezember 2025 läuft eine der bedeutendsten Übergangsfristen der WEG-Reform 2020 unwiderruflich ab. Was zunächst wie eine technische Formalie klingen mag, birgt erhebliches Haftungsrisiko für Wohnungseigentumsverwalter und gravierende finanzielle Folgen für Eigentümergemeinschaften. Verwalter stehen jetzt vor der Aufgabe, sämtliche Teilungserklärungen und Beschlüsse systematisch zu prüfen und erforderliche Grundbuchnachträge rechtzeitig zu veranlassen.
Der Kern des Problems: Mit Inkrafttreten des Wohnungseigentumsmodernisierungsgesetzes (WEMoG) am 1. Dezember 2020 hat sich die Rechtslage grundlegend geändert. Bestimmte Beschlüsse und Vereinbarungen wirken seit diesem Zeitpunkt nur noch gegenüber Rechtsnachfolgern, wenn sie im Grundbuch eingetragen sind. Für vor dem 1. Dezember 2020 getroffene Regelungen gilt eine Übergangsfrist – und diese endet in wenigen Wochen. Was nicht bis zum 31.12.2025 eingetragen ist, verliert seine Wirkung gegenüber neuen Eigentümern ab dem 1. Januar 2026.
Die vereinbarte Haftung von Erwerbern für Hausgeldrückstände des Veräußerers ist ohne Zweifel der risikoreichste Punkt. Grundsätzlich gilt nach der sogenannten Fälligkeitstheorie: Erwerber haften nur für Hausgeldforderungen, die nach ihrer Eintragung im Grundbuch fällig werden. Eine Haftung für Altverbindlichkeiten kennt das Gesetz nicht.
Viele Teilungserklärungen und Gemeinschaftsordnungen enthalten jedoch Regelungen, die eine erweiterte Erwerberhaftung vorsehen. Diese sogenannten Rechtsnachfolgerklauseln können den Erwerber zur Mitzahlung von Hausgeldrückständen des Voreigentümers verpflichten – aber nur unter einer entscheidenden Voraussetzung: Die Haftungsregelung muss ausdrücklich im Grundbuch eingetragen sein!
§ 7 Abs. 3 Satz 2 WEG normiert diese Eintragungspflicht eindeutig: Ein bloßer Verweis auf die Teilungserklärung genügt nicht.
Wird die Eintragung nicht bis zum 31.12.2025 vorgenommen, verliert die Rechtsnachfolgerklausel ihre Wirksamkeit – mit potenziell gravierenden Folgen:
Veräußerungsbeschränkungen, insbesondere Verwalterzustimmungserfordernisse nach § 12 Abs. 1 WEG, sind in den meisten Fällen bereits im Grundbuch vermerkt. Dies beruht auf einer langjährigen Verwaltungspraxis der Grundbuchämter. Dennoch empfiehlt sich eine Stichprobenprüfung anhand aktueller Grundbuchauszüge.
Ohne Grundbucheintragung würde der Zustimmungsbedarf nach Ablauf des 31.12.2025 entfallen. Die Folge: Wohnungseigentümer könnten ihre Einheiten künftig ohne Zustimmung des Verwalters veräußern, selbst wenn die Gemeinschaftsordnung dies vorsieht.
Handlungsempfehlung: Fordern Sie für jede verwaltete WEG einen aktuellen Grundbuchauszug an und prüfen Sie, ob die Veräußerungsbeschränkung eingetragen ist. Der Aufwand ist überschaubar, das Risiko bei Unterlassung jedoch erheblich.
Besonders tückisch sind Beschlüsse aufgrund vereinbarter Öffnungsklauseln. Eine Öffnungsklausel ist eine Regelung in der Teilungserklärung oder Gemeinschaftsordnung, die der Eigentümergemeinschaft ermöglicht, durch Mehrheitsbeschluss von den Regelungen des WEG oder der ursprünglichen Vereinbarung abzuweichen.
Vor Inkrafttreten des WEMoG am 1. Dezember 2020 wirkten solche Öffnungsklauselbeschlüsse automatisch auch gegenüber Rechtsnachfolgern – ohne Grundbucheintragung. Dies hat sich grundlegend geändert. Seit dem 1. Dezember 2020 müssen Öffnungsklauselbeschlüsse im Grundbuch eingetragen werden, um gegenüber Sondernachfolgern zu wirken.
Die Übergangsfrist des § 48 Abs. 1 Satz 2 WEG bewirkt, dass vor dem 1. Dezember 2020 gefasste Öffnungsklauselbeschlüsse ihre Wirkung gegenüber Rechtsnachfolgern bis zum 31. Dezember 2025 behalten. Danach erlischt die Bindungswirkung für neue Eigentümer, wenn keine Grundbucheintragung erfolgt ist.
Welche Beschlüsse sind betroffen?
Typische Beispiele für eintragungspflichtige Öffnungsklauselbeschlüsse:
Wichtige Differenzierung: Beschlüsse aufgrund gesetzlicher Öffnungsklauseln benötigen keine Grundbucheintragung und wirken weiterhin auch ohne Eintragung gegenüber Sondernachfolgern. Die Abgrenzung zwischen vereinbarten und gesetzlichen Öffnungsklauseln erfordert fundierte Rechtskenntnisse und sollte im Zweifel juristisch geprüft werden.
Verwalter müssen zunächst eine vollständige Bestandsaufnahme durchführen:
Praxis-Tipp: Die Durchsicht kann sehr zeitaufwendig sein, besonders bei älteren WEGs mit umfangreicher Beschlusshistorie. Beginnen Sie rechtzeitig und planen Sie ausreichend Zeitpuffer für unvorhergesehene Komplikationen ein.
Nicht jede Regelung und nicht jeder Beschluss ist eintragungspflichtig. Eine sachgerechte Bewertung erfordert:
Bei komplexen Sachverhalten empfiehlt sich die Hinzuziehung eines auf WEG-Recht spezialisierten Rechtsanwalts.
Die Eigentümer müssen ggfs. über die Situation informiert und in die Entscheidung einbezogen werden. Die Tagesordnung sollte mindestens folgende Punkte umfassen:
Für die Grundbucheintragung nach § 7 Abs. 2 WEG gelten besondere Erleichterungen. Normalerweise wäre die Zustimmung aller Grundbuchseigentümer erforderlich. Bei Beschlüssen nach § 10 Abs. 3 WEG genügt jedoch:
Problemfall Altbeschlüsse: Bei älteren Beschlüssen fehlt häufig die öffentliche Beglaubigung der Protokollunterschriften. In diesem Fall gibt es zwei Lösungen:
Der Eintragungsantrag kann durch den Verwalter als Vertreter der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer gestellt werden.
Dem Antrag sind beizufügen:
Die Versäumung der Eintragungsfrist kann für Verwalter erhebliche Haftungsrisiken mit sich bringen. Als Teil der ordnungsgemäßen Verwaltung nach § 27 WEG gehört es zu den Pflichten des Verwalters:
Verwalter sollten das Haftungsrisiko nicht unterschätzen. Bei Versäumung der Frist können sich erhebliche Schadensersatzansprüche ergeben, insbesondere wenn:
Sofort (November/Dezember 2025):
Bis spätestens 20. Dezember 2025:
Nach Fristablauf (ab Januar 2026):
Wenn Ihnen unklar ist, ob eine Vereinbarung eingetragen werden muss, stellen Sie den Antrag in jedem Fall beim Grundbuchamt.
Das Grundbuchamt prüft die Eintragung ohnehin.
Auch wenn die Antragsunterlagen nicht vollständig sind, z.B. weil Ihnen das beglaubigte Protokoll fehlt, sollten Sie den Antrag in jedem Fall stellen und versuchen, die fehlenden Unterlagen nachzuliefern. Ob die Frist dann gewahrt ist, hängt vom Ermessen des Grundbuchamts ab.
Wichtig: Nach Ablauf der Übergangsfrist am 31.12.2025 können zwar weiterhin Öffnungsklauselbeschlüsse gefasst und eingetragen werden, diese wirken dann aber nur noch gegenüber solchen Erwerbern, die nach der Eintragung Eigentümer werden. Die Bindungswirkung für Erwerber zwischen dem 1.1.2026 und dem Zeitpunkt der späteren Eintragung geht verloren.
Die Nachtragsobliegenheit im Grundbuch mit Frist zum 31.12.2025 ist eine der bedeutendsten Herausforderungen aus der WEG-Reform 2020. Verwalter müssen jetzt konsequent handeln:
Das Wichtigste:
Konkrete Handlungsschritte:
Haftungsaspekte: Verwalter tragen im Rahmen ihrer ordnungsgemäßen Verwaltungstätigkeit die Verantwortung, Eigentümer zu informieren und die notwendigen Schritte einzuleiten. Versäumnisse können erhebliche Schadensersatzansprüche nach sich ziehen.
Nach dem 31.12.2025: Auch künftig müssen alle Öffnungsklauselbeschlüsse zeitnah im Grundbuch eingetragen werden. Die Etablierung entsprechender Standardprozesse ist daher unerlässlich.

Astrid Schultheis ist eine von vier bundesweit ö.r.v.u.b. Sachverständige für Wohnungseigentumsverwaltung und schreibt Gutachten für Gerichtsverfahren, insb. zum Thema WEG-Abrechnung und Rechnungswesen. Sie ist Mitentwicklerin der WEG-Musterabrechnung 1.0 - 3.0 und ist seit über 30 Jahren Inhaberin einer mittelständischen Verwaltungsgesellschaft.
Bei SCALARA arbeitet sie seit Anbeginn an der Konzeption insb. des Buchhaltungs- und Zahlungsverkehrmoduls mit und unterstützt mit Ihrem einzigartigem fachlichen Know-How.
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