Praxistipps

Deeskalation in der Eigentümerversammlung – Wie Sie eine Wohnungseigentümergemeinschaft beruhigen

10.07.2025
4 Minuten

Eigentümerversammlungen können sachlich und zielorientiert verlaufen – oder emotional, laut und konfliktbeladen. Letzteres ist kein Einzelfall: Unterschiedliche Interessen, persönliche Befindlichkeiten und finanzielle Entscheidungen treffen in einem oft engen Zeitrahmen aufeinander. Umso wichtiger ist es, dass Verwalter gut vorbereitet sind – auch im Umgang mit kritischen oder aufgebrachten Eigentümern.

1. Gute Vorbereitung ist der erste Schritt zur Deeskalation

Der sicherste Weg zu einer ruhigen Versammlung ist eine durchdachte Vorbereitung. Das bedeutet:

  • Strukturierte Unterlagen: Sorgen Sie für klare Tagesordnungen, verständliche Beschlussentwürfe und aufbereitete Informationen.
  • Fragen antizipieren: Überlegen Sie sich im Vorfeld, welche Rückfragen oder Einwände zu bestimmten Punkten auftauchen könnten – und bereiten Sie Ihre Antworten gezielt vor.
  • Kritische Eigentümer im Blick behalten: Wer ist in der Vergangenheit durch aggressive Redebeiträge, Ungeduld oder Polemik aufgefallen? Es kann sinnvoll sein, diese Personen im Vorfeld zu bitten, sich vorne zu platzieren – so behalten Sie sie im Blick und können schneller deeskalierend reagieren.

2. Der Rahmen zählt: Atmosphäre durch gute Raumverhältnisse

Eine Versammlung ist kein Tribunal – sondern ein kommunikativer Raum. Sorgen Sie daher für ein Umfeld, das Ruhe und Professionalität ausstrahlt:

  • Belüftung und Lichtverhältnisse: Ein stickiger, dunkler Raum fördert Unruhe.
  • Tonqualität sicherstellen: Jeder sollte gut verstehen können, was gesagt wird – das verhindert Missverständnisse.
  • Getränke und kleine Snacks: Wasser, Kaffee und vielleicht ein paar Süßigkeiten können Wunder wirken – nicht als Bestechung, sondern als Zeichen der Wertschätzung.

3. Souverän auch in schwierigen Situationen

Trotz aller Vorbereitung: Es kann emotional werden. Dann gilt:

  • Angriffe nicht persönlich nehmen: Bleiben Sie ruhig und sachlich, selbst wenn ein Eigentümer laut oder unsachlich wird.
  • Souverän auf persönliche Angriffe reagieren: „Ich möchte Sie bitten, sachlich zu bleiben“ oder „Das ist kein persönliches Gespräch, sondern eine Versammlung“ sind klare, aber höfliche Ansagen.
  • Grenzen setzen, wenn nötig: Wenn einzelne Teilnehmer die Versammlung wiederholt stören, darf und muss die Versammlungsleitung eingreifen – im Notfall mit einem Verweis aus dem Raum. Das sollte vorbereitet und im Vorfeld rechtlich abgestimmt sein.

4. Redebeiträge lenken – Struktur halten

Oft eskaliert eine Versammlung, weil sie sich verliert – in Details, in endlosen Redebeiträgen, in Nebenschauplätzen. Daher:

  • Zeitliche Begrenzungen für Redebeiträge einführen, wenn nötig (z. B. max. 2 Minuten).
  • Themen strikt auf der Tagesordnung halten und Abschweifungen freundlich, aber bestimmt stoppen.
  • Wortmeldungen strukturieren: Meldekarten, Namenslisten oder gezielte Moderation helfen, das Wort gerecht zu verteilen.

5. Verantwortung teilen – auch mal abgeben

Nicht jeder Tag ist gleich. Wenn Sie merken, dass Ihnen die Ruhe oder Geduld fehlt – oder die Gruppe zu stark polarisiert ist – kann es helfen, die Versammlungsleitung an einen Kollegen abzugeben. Ein Perspektivwechsel bringt manchmal auch auf Seiten der Eigentümer frischen Wind – und senkt die emotionale Temperatur.

Fazit:


Deeskalation beginnt lange vor der ersten Wortmeldung. Mit guter Vorbereitung, einem passenden Umfeld und einem klaren, souveränen Auftreten kann jede Versammlung strukturiert und respektvoll ablaufen – selbst wenn es mal hitzig wird. Und wenn es doch knallt: Ruhig bleiben, Haltung zeigen und klar führen. Genau das macht einen professionellen Verwalter aus.

Ein Artikel von
Astrid Schultheis
SCALARA Expertin für Rechnungswesen; Ö.r.b.u.v. Sachverständige für Wohnungseigentumsverwaltung; Mitentwicklerin der WEG-Musterabrechnung

Astrid Schultheis ist eine von vier bundesweit ö.r.v.u.b. Sachverständige für Wohnungseigentumsverwaltung und schreibt Gutachten für Gerichtsverfahren, insb. zum Thema WEG-Abrechnung und Rechnungswesen. Sie ist Mitentwicklerin der WEG-Musterabrechnung 1.0 - 3.0 und ist seit über 30 Jahren Inhaberin einer mittelständischen Verwaltungsgesellschaft.
Bei SCALARA arbeitet sie seit Anbeginn an der Konzeption insb. des Buchhaltungs- und Zahlungsverkehrmoduls mit und unterstützt mit Ihrem einzigartigem fachlichen Know-How.
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