Gut zu wissen

Die WEG-Jahresabrechnung – alles, was man dazu wissen sollte!

16.05.2024
4 Minuten

Seit der Änderung des § 28 Abs. 2 WEG durch das Wohnungseigentumsmodernisierungsgesetz (WEMoG) am 01.12.2020 ist es nicht mehr üblich, dass die Eigentümergemeinschaft die Jahresabrechnung (früher auch Hausgeldabrechnung) in ihrer Gesamtheit beschließt. Vielmehr werden nur noch die Endbeträge beschlossen, die je nach Vorauszahlungen entweder als Unterdeckung oder Überdeckung ausfallen können, wie in § 28 Abs. 2 S.1 WEG festgelegt. Der Verwalter ist weiterhin verpflichtet, die Jahresabrechnung, die sowohl Einnahmen als auch Ausgaben umfasst, gemäß § 28 Abs. 2 S.2 WEG zu erstellen.

 

Trotz der Reduzierung der Beschlussinhalte sollte in der Praxis beibehalten werden (so auch die Musterabrechnung 3.0 von Casser/Schultheis, rechtssicher umgesetzt in der Verwaltungssoftware SCALARA), die vollständige Jahresabrechnung an alle Miteigentümer zu übermitteln. Dies ist im Sinne der Transparenz und der Nachvollziehbarkeit wichtig, da die für die Ermittlung der Endbeträge erforderlichen Informationen nicht nur auf Anfrage bereitgestellt werden sollten. Dies entspricht der Rechtsprechung, die auch bei anderen Beschlussgegenständen, wie Sanierungsarbeiten, die Übermittlung relevanter Informationen als Teil einer ordnungsgemäßen Verwaltung sieht. Der Bundesgerichtshof hat in einem Urteil vom 26.02.2021 bestätigt, dass die Aufstellung und Übermittlung der Jahresabrechnung zur Vorbereitung der Beschlussfassung erforderlich ist (BGH, Urteil vom 26.02.2021, V ZR 290/19, Rz.8).

 

1. Einnahmen- und Ausgabenrechnung

Die Jahresabrechnung besteht aus einer Einnahmen- und Ausgabenrechnung (beinhaltet nur die Geld Zu- und Abflüsse), aus der die verteilungsrelevanten Kosten hervorgehen und einer Einzelabrechnung, mit der unter Anwendung der geltenden Verteilungsschlüssel, die Abrechnungsspitze errechnet wird.

2. Abrechnungsergebnisse aller Einheiten

Weiterer Bestandteil ist eine Übersicht über die Abrechnungsergebnisse aller Einheiten, welche die Abrechnungsspitzen (Beschlussgegenstand) auflistet und als Bezug für den Jahresabrechnungsbeschluss dienen kann.

3. Entwicklung der Rücklagen

Für die Transparenz der Vermögenssituation einer WEG ist die Darstellung der Entwicklung der Rücklagen inklusive einer Schlüssigkeitskontrolle sinnvoll. Auch wenn dies kein zwingender Bestandteil der Jahresabrechnung darstellt und Eigentümern dies nur auf Nachfrage zur Verfügung gestellt werden muss, ist dies bei modernen Softwarelösungen, wie SCALARA, direkt mit umgesetzt.

4. Vermögensbericht

Zudem hat das Wohnungseigentumsmodernisierungsgesetz (WEMoG) die Pflicht des Verwalters eingeführt, einen Vermögensbericht zu erstellen und diesen jedem Wohnungseigentümer zur Verfügung zu stellen (§ 28 Abs. 4 WEG). Die Inhalte dieses Vermögensberichts basieren hauptsächlich auf der Jahresabrechnung mit der Entwicklung der Rücklagen, weshalb es in der Praxis sinnvoll sein wird, diesen mit der Übermittlung der Jahresabrechnung ebenfalls vorzulegen.

 

Der zentrale Punkt der Jahresabrechnung ist die sogenannte Abrechnungsspitze, die sich aus dem Vergleich des Ergebnisses der Einzelabrechnung mit den bereits im Wirtschaftsplan festgelegten Vorschüssen ergibt. Die Beschlussfassung führt dann entweder zu einer Nachschusspflicht bei einer Unterdeckung oder zu einer Anpassung der Vorschüsse bei einer Überdeckung. Praktisch wird diese Vorschussanpassung mit dem früher gebräuchlichen Begriff des Guthabens gleichgesetzt, den man jedoch vermeidet. Der Gesetzgeber möchte damit verhindern, dass Rückzahlungen aus positiven Abrechnungsspitzen erfolgen, falls die gemäß Wirtschaftsplan geschuldeten Vorschüsse nicht oder nur teilweise entrichtet wurden.

 

Die Neufassung in § 28 Abs. 2 S. 1 2. Alt. WEG legt fest, dass die Vorschussverpflichtung, die um die Überdeckung reduziert wird, in einem zweiten Rechenschritt, der nicht mehr von der Beschlussfassung abgedeckt wird, den tatsächlich geleisteten Vorschüssen gegenübergestellt wird. Erstattet wird nur der Differenzbetrag zwischen den angepassten Vorschüssen und den tatsächlich für die Abrechnungseinheit geleisteten Vorschüssen.

Der zum Zeitpunkt der Beschlussfassung im Grundbuch eingetragene Eigentümer ist der Gläubiger des Erstattungsanspruchs, der sich aus der Anpassung der beschlossenen Vorschüsse ergibt. Dies ist besonders relevant, wenn es während des Jahres zu einem Eigentümerwechsel kommt: Es gibt Meinungen, die dafür plädieren, dass die Vorschüsse bei einem Eigentümerwechsel anteilig reduziert und Überzahlungen entsprechend auch an den vorherigen Eigentümer erstattet werden sollten. Die Verfasser der Musterabrechnung (Casser/Schultheis) unterstützen jedoch die herrschende Meinung, dass die Erstattungen an den zum Zeitpunkt der Beschlussfassung im Grundbuch verzeichneten Eigentümererfolgen sollten.

Eine unterschiedliche Behandlung von Nachzahlungen und Erstattungen ist mit der Fälligkeitstheorie nicht vereinbar. Es gibt keinen ersichtlichen Grund, bei einer Reduktion der geschuldeten Vorschüsse, abweichend von dieser Theorie, die Auswirkungen eines Abrechnungsbeschlusses für bereits ausgeschiedene Eigentümer zu berücksichtigen. Das vom Gesetzgeber intendierte Ergebnis, dass bei Vorschussrückständen des Veräußerers keine Scheinguthaben an den Erwerber ausgezahlt werden, wird durch die Anpassung der Vorschüsse erreicht: Der Erstattungsanspruch wird für die Einheit berechnet und um eventuelle Vorschussrückstände des Vorbesitzers gekürzt.

 

Praxishinweis für Verwalter: Nur der Eigentümer, welcher bei der Beschlussfassung über die Jahresabrechnung im Grundbuch eingetragen ist, ist daher für die WEG relevant. Für die Nachzahlung, negative Abrechnungsspitze (Nachschuss) bedeutet dies, dass der grundbuchliche Eigentümer diese zu tragen hat, selbst wenn er in dem Abrechnungszeitraum nicht Eigentümer war.  
Bei der Anpassung von Vorschüssen (Guthaben = positive Abrechnungsspitze) darf der Verwalter ein „Guthaben“ damit nur dann umfänglich an den aktuellen Eigentümer auszahlen, wenn alle Vorschüsse für das Abrechnungsjahr für die Einheit gezahlt wurden. Der Verwalter muss daran denken, offene Vorschüsse des Wirtschaftsjahres von einem Guthaben abzuziehen, selbst dann, wenn diese durch einen Voreigentümer entstanden sind.

 

Eine zeitanteilige Abrechnung wird nicht erstellt, auch der wirtschaftliche Übergang, den Käufer und Verkäufer ggf. miteinander im Notarvertrag vereinbart haben, spielt für die WEG keine Rolle!

In allen Fällen müssen die Parteien des Kaufvertrags die interne Abrechnung selbst vornehmen. Dies ist nicht Aufgabe des Verwalters als Organ der WEG.

 

Ein Artikel von
Astrid Schultheis
SCALARA Expertin für Rechnungswesen; Ö.r.b.u.v. Sachverständige für Wohnungseigentumsverwaltung; Mitentwicklerin der WEG-Musterabrechnung

Astrid Schultheis ist eine von vier bundesweit ö.r.v.u.b. Sachverständige für Wohnungseigentumsverwaltung und schreibt Gutachten für Gerichtsverfahren, insb. zum Thema WEG-Abrechnung und Rechnungswesen. Sie ist Mitentwicklerin der WEG-Musterabrechnung 1.0 - 3.0 und ist seit über 30 Jahren Inhaberin einer mittelständischen Verwaltungsgesellschaft.
Bei SCALARA arbeitet sie seit Anbeginn an der Konzeption insb. des Buchhaltungs- und Zahlungsverkehrmoduls mit und unterstützt mit Ihrem einzigartigem fachlichen Know-How.
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