
Die Immobilienverwaltungsbranche erlebt einen beispiellosen Boom. Mit über 24 Millionen Wohnungen in Deutschland, davon etwa 10 Millionen Eigentumswohnungen, bietet der Markt enormes Wachstumspotenzial. Doch für Quereinsteiger und Gründer stellt sich die entscheidende Frage: Mit welcher Verwaltungsform sollte man starten? Die Wahl zwischen Mietverwaltung und WEG-Verwaltung prägt nicht nur das Geschäftsmodell, sondern determiniert auch Haftungsrisiken, Ertragspotenziale und Skalierungsmöglichkeiten. Dieser Beitrag zeigt, welche strategischen Überlegungen für den erfolgreichen Aufbau einer modernen Hausverwaltung entscheidend sind.
Die Mietverwaltung basiert auf einem einfachen Geschäftsbesorgungsvertrag zwischen Verwalter und Eigentümer. Der Verwaltungsauftrag ist privatrechtlich ausgestaltet, die Haftung überschaubar und die rechtlichen Anforderungen vergleichsweise niedrig. Ein Sachkundenachweis ist nicht erforderlich, der Markteintritt entsprechend niedrigschwellig.
Die WEG-Verwaltung hingegen operiert in einem komplexen rechtlichen Rahmenwerk. Das Wohnungseigentumsgesetz (WEG) definiert präzise Pflichten, Haftungsrisiken und Verantwortlichkeiten. Seit der WEG-Reform 2020 ist die Bestellung als zertifizierter Verwalter nach § 26a WEG zwar nicht verpflichtend, kann aber von den Eigentümern verlangt werden und ist damit faktisch zwingend. Eine Hürde, die gleichzeitig Qualitätsstandard und Markteintrittsbarriere darstellt.
Ein oft unterschätzter Aspekt ist die Stabilität der Kundenbeziehung. Mietverwalterverträge sind meist jederzeit kündbar, was zu hoher Fluktuation führen kann. Allerdings arbeitet man hier mit einzelnen Eigentümern zusammen, die oft hohe Erwartungen an Service, Wertsteigerung und Optimierung ihrer Immobilie haben – aber als Einzelentscheider schnell und direkt erreichbar sind.
WEG-Verwalterverträge hingegen laufen typischerweise über drei bis fünf Jahre und bieten damit Planungssicherheit und stabilere Cashflows. Die Herausforderung liegt hier im Multi-Stakeholder-Management: Während in der Mietverwaltung primär mit dem Eigentümer und den Mietern interagiert wird, müssen WEG-Verwalter eine Vielzahl von Eigentümern mit unterschiedlichen Interessen managen. Der Verwaltungsbeirat kann dabei Fluch oder Segen sein – bestenfalls ein engagierter Partner, der unterstützt und vermittelt, schlimmstenfalls eine zusätzliche Hürde mit eigener Agenda und Machtkämpfen. Positiv: In der WEG-Verwaltung entfällt das oft aufwändige und zeitfressende Mietermanagement komplett.
Nach der aktuellen CRES-Entgeltstudie 2024/2025 sowie Erhebungen des VDIV zeigen sich deutliche Unterschiede in der Vergütungsstruktur¹:
Mietverwaltung:
WEG-Verwaltung:
Die Ertragsdifferenz ist beachtlich: Entgegen der landläufigen Meinung liegt die Mietverwaltung bei der Grundvergütung oft über der WEG-Verwaltung.
Laut VDIV-Branchenbarometer 2024 planten über 82% aller Hausverwaltungen Preiserhöhungen – bei größeren Unternehmen mit mehr als 6.000 Einheiten sogar 100%⁶. Die Gründe sind vielfältig:
Die WEG-Verwaltung ist ein rechtliches Minenfeld. Die Beschlussanfechtungsquote liegt bei etwa 15% aller gefassten Beschlüsse. Formfehler in Eigentümerversammlungen, fehlerhafte Jahresabrechnungen oder mangelhafte Beschluss-Sammlung können zu erheblichen Haftungsrisiken führen.
Die größte Herausforderung liegt jedoch im Erwartungsmanagement der verschiedenen Eigentümer: Während einige primär niedrige Kosten wünschen, fordern andere umfangreiche Modernisierungen. Der Verwalter muss hier als Moderator fungieren und tragfähige Kompromisse herbeiführen – eine Kompetenz, die weit über reine Verwaltungstätigkeiten hinausgeht.
Die vermeintlich simple Mietverwaltung hat ihre eigenen Tücken. Eigentümer erwarten heute weit mehr als reine Mieteinziehung – sie fordern aktives Asset Management mit Fokus auf Wertsteigerung, Renditeoptimierung und vorausschauende Instandhaltung. Der operative Aufwand ist erheblich:
Der Fachkräftemangel trifft beide Verwaltungsformen, jedoch unterschiedlich stark.
Mietverwaltung:
WEG-Verwaltung:
Die Rekrutierung für die Mietverwaltung gestaltet sich damit deutlich einfacher. Während WEG-Verwalter mindestens 20 Stunden Weiterbildung in drei Jahren nachweisen müssen, können Mietverwalter sofort starten. Dies macht die Mietverwaltung besonders für wachstumsorientierte Startups attraktiv.
Erfolgreiche Verwaltungen der neuen Generation spezialisieren sich zunehmend. Die Gründe sind überzeugend:
Spezialisierung auf WEG-Verwaltung:
Spezialisierung auf Mietverwaltung:
Die Wahl der Verwaltungsform determiniert auch die Digitalisierungsstrategie.
WEG-Verwaltung profitiert überproportional von:
Mietverwaltung hingegen profitiert vor allem von:
Einige innovative Verwaltungen starten mit einem 60/40-Modell: 60 % Mietverwaltung für höhere Grundvergütung und schnellen Cashflow, 40 % WEG-Verwaltung für Stabilität und Reputation. Nach 24 Monaten erfolgt die strategische Neubewertung basierend auf:
Für Mietverwaltungs-Starter:
Für WEG-Verwaltungs-Einsteiger:
Der Verwaltungsmarkt steht vor einer Konsolidierungswelle. Von aktuell etwa 25.000 Verwaltungsunternehmen werden Experten zufolge bis 2030 nur noch 15.000 überleben. Die Gewinner werden jene sein, die:
Die Entscheidung zwischen Mietverwaltung und WEG-Verwaltung ist eine strategische Weichenstellung, die sorgfältig abgewogen werden muss. Die aktuellen Marktdaten zeigen: Die Mietverwaltung bietet mit durchschnittlich 25-35 € pro Einheit eine höhere Grundvergütung und deutlich einfachere Mitarbeitergewinnung. Dies macht sie besonders für Quereinsteiger attraktiv, die schnell wachsen und profitabel werden müssen.
Die WEG-Verwaltung punktet hingegen mit längeren Vertragslaufzeiten und dem Wegfall des Mietermanagements – erfordert aber höhere Qualifikationen und komplexeres Stakeholder-Management. Der Verwaltungsbeirat kann dabei sowohl Unterstützer als auch Herausforderung sein.
Der Schlüssel zum Erfolg liegt nicht in der Verwaltungsform per se, sondern in der konsequenten Umsetzung einer durchdachten Strategie. Wer die Personalengpässe durch kluge Positionierung umgeht, faire Preise durchsetzt und die spezifischen Herausforderungen der gewählten Verwaltungsform meistert, wird zu den Gewinnern der Branchentransformation gehören.

Shari Heep ist Juristin mit Fokus auf IT- Recht und Gründerin & CEO von SCALARA. Sie hat schon seit ihrem Abitur in der familiären Hausverwaltung mitgearbeitet und dort vor allem die digitale Transformation vorangetrieben. Durch ihre praktische Erfahrung aus der Immobilien- und Verwaltungsbranche kennt sie die Herausforderungen der Branche sehr genau.
Mit der Gründung von SCALARA hat Shari ihre Leidenschaft für alles Digitale mit ihren Verwalterwurzeln verbunden.