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Objektübernahme am Jahresanfang: Der Countdown für neue WEG-Verwalter läuft

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WEG
10.11.2025
5 Minuten
Inhaltsübersicht

Die Wochen zwischen Weihnachten und Neujahr sind für viele WEG-Verwalter alles andere als besinnlich. Denn zum Jahreswechsel häufen sich die Verwalterwechsel – sei es durch ordentliche Abberufung in der Eigentümerversammlung, durch einvernehmliche Vertragsbeendigung oder durch außerordentliche Kündigung. Die Herausforderung: Zwischen den Feiertagen müssen nicht nur die rechtlichen Rahmenbedingungen nach WEMoG beachtet werden, sondern auch umfangreiche Unterlagen gesichtet, Daten übernommen und die nahtlose Fortführung der Verwaltung sichergestellt werden. Dieser Beitrag zeigt, wie Sie als neuer Verwalter die Objektübernahme strukturiert angehen und welche digitalen Tools Ihnen dabei helfen können.

Rechtlicher Rahmen: Die Grundlagen nach WEMoG

1. Die neue Rechtslage seit der WEG-Reform 2020
Mit der WEG-Reform 2020 hat sich die Rechtsstellung des Verwalters grundlegend geändert. Als rechtsfähiges Organ der Wohnungseigentümergemeinschaft (§ 9a WEG) können Sie nun eigenständig klagen und verklagt werden. Dies hat auch Auswirkungen auf den Verwalterwechsel: Die Außenvertretungskraft des alten Verwalters endet ohne separate "Vollmacht" mit der Bestellung des neuen Verwalters (siehe auch SCALARA Magazinartikel zur WEG-Reform).

Wichtig: Die Verwaltungsbestellung legitimiert nach außen, das Protokoll genügt. Ein separater Vollmachtszettel wird nicht mehr benötigt – eine deutliche Vereinfachung gegenüber der alten Rechtslage.

2. Bestellungsvarianten und ihre Auswirkungen

Das WEG unterscheidet drei Hauptvarianten der Verwalterbestellung:

  • Erstbestellung durch Teilungserklärung (§ 26 Abs. 1 WEG)
  • Bestellung durch Beschluss der Eigentümer (§ 26 Abs. 1 WEG) – der Regelfall
  • Notbestellung durch das Gericht (§ 26 Abs. 3 WEG)

Für die Praxis relevant: Die maximale Bestelldauer beträgt 5 Jahre, eine Verlängerung ist nur durch erneuten Beschluss möglich (Details zur Bestellung finden Sie hier).

3. Die Pflichten des abgebenden Verwalters

§ 27 WEG regelt eindeutig die Herausgabepflichten: Der bisherige Verwalter muss unverzüglich nach Beendigung seines Amtes:

  • Alle Verwaltungsunterlagen herausgeben
  • Die Vermögensgegenstände der WEG übergeben
  • Rechte und Pflichten aus Verträgen übertragen
  • Eine geordnete Übergabe ermöglichen

Praxistipp: Dokumentieren Sie jeden Übergabeschritt schriftlich. Ein detailliertes Übergabeprotokoll schützt beide Seiten vor späteren Streitigkeiten.

Die Akquise neuer Verwaltungsobjekte: Strategien für den Jahreswechsel

1. Die goldene Regel: Im Einkauf liegt der Gewinn

Bevor Sie ein neues Objekt übernehmen, ist eine sorgfältige Analyse unerlässlich. Die Herausforderung zum Jahreswechsel: Die Zeit für eine umfassende Due Diligence ist oft knapp. Folgende Aspekte sollten Sie dennoch prüfen:

Mehrfachanlagen prüfen:

  • Klären Sie, ob Untergemeinschaften existieren
  • Prüfen Sie rechtliche Besonderheiten in der Teilungserklärung
  • Analysieren Sie komplexe Konstruktionen (z.B. gemischt genutzte Objekte)

Kostenstruktur bewerten:

  • Mietverträge für Gewerbeeinheiten sichten
  • Sondernutzungsrechte und deren Abrechnungsmodalitäten erfassen
  • Bestehende Dienstleisterverträge prüfen

2. Technischer Zustand und bauliche Anforderungen

Die Inaugenscheinnahme des Objekts vor Übernahme ist unverzichtbar:

  • Vor-Ort-Begehung für realistische Aufwandseinschätzung
  • Sanierungsbedarf dokumentieren und kommunizieren
  • Großinstandsetzungen in der Pipeline identifizieren

 

Der Übernahmeprozess: Strukturiert durch die kritische Phase

1. Phase: Die rechtliche Absicherung (Woche 1-2)

  • Bestellungsbeschluss auf Formfehler prüfen
  • Handelsregisterauszug anfordern (bei gewerblichen Eigentümern)
  • Versicherungsverträge auf Aktualität prüfen

2. Phase: Die Datenübernahme (Woche 2-4)

Die größte Herausforderung liegt oft in der Datenqualität des Vorgängers:

Stammdaten:

  • Eigentümerliste mit aktuellen Kontaktdaten
  • Grundbuchauszüge bei Unklarheiten
  • Mieterdaten bei vermieteten Einheiten
  • Sondernutzungsrechte und Sondervereinbarungen

Finanzdaten:

  • Kontostand und Rücklagen zum Stichtag
  • Offene Posten (Hausgeldrückstände)
  • Laufende Mahnverfahren
  • Aktuelle Wirtschaftsplan

Dokumentation:

  • Protokolle der letzten 5 Jahre
  • Jahresabrechnungen der Vorjahre
  • Wartungsverträge und Dienstleisterverträge
  • Bauakten und Gewährleistungsunterlagen

3. Phase: Die operative Übernahme (Woche 4-6)

Kommunikation als Erfolgsfaktor:

  • Anschreiben an alle Eigentümer mit neuen Kontaktdaten
  • Information der Dienstleister über Verwalterwechsel
  • Umstellung der Zahlungsverkehrsvollmachten
  • Einrichtung digitaler Kommunikationskanäle

 

Digitalisierung als Chance: Die SCALARA-Lösung

1. Automatisierte Datenübernahme

Die manuelle Übertragung von Stammdaten ist fehleranfällig und zeitintensiv. SCALARA bietet:

  • Import-Schnittstellen für gängige Verwaltungssoftware
  • Plausibilitätsprüfungen während des Imports
  • Mapping-Funktionen für unterschiedliche Datenstrukturen

2. Der digitale Wirtschaftsplan

Gerade zum Jahreswechsel ist die schnelle Erstellung eines neuen Wirtschaftsplans essentiell:

  • Übernahme der Vorjahresdaten als Basis
  • Anpassung an aktuelle Vertragssituationen
  • Transparente Darstellung für Eigentümer
  • Automatische Sollstellung ab Januar

3. Dokumentenmanagement von Anfang an

Ordnung von Beginn an spart langfristig Zeit:

  • Digitale Ablage aller Übergabedokumente
  • Verschlagwortung für schnellen Zugriff
  • Revisionssichere Archivierung
  • Eigentümerzugriff auf relevante Dokumente

Typische Fallstricke und wie Sie diese vermeiden

1. Die Rücklagen-Falle

Problem: Unklare Zuordnung von Rücklagen, insbesondere bei Sonderumlagen oder zweckgebundenen Rücklagen.

Lösung:

  • Detaillierte Aufstellung aller Rücklagenkonten anfordern
  • Beschlüsse zu Sonderumlagen dokumentieren
  • Zweckbindungen schriftlich festhalten
  • Übergabeprotokoll mit Saldenbestätigung

2. Die Hausgeldrückstände

Problem: Hohe Außenstände, laufende Mahnverfahren ohne vollständige Dokumentation.

Lösung:

  • Komplette Forderungsaufstellung verlangen
  • Status laufender Verfahren klären
  • Mahnhistorie übernehmen
  • Fortsetzung der Mahnverfahren sicherstellen

3. Die Gewährleistungsfristen

Problem: Ablaufende Gewährleistungsfristen bei Bauleistungen werden übersehen.

Lösung:

  • Systematische Erfassung aller Gewährleistungen
  • Digitale Wiedervorlagefunktion nutzen
  • Mängelprotokolle vom Vorgänger übernehmen
  • Rechtzeitige Mängelrügen vorbereiten

 

Fazit

Die Objektübernahme zum Jahreswechsel stellt WEG-Verwalter vor besondere Herausforderungen – bietet aber auch die Chance für einen Neuanfang. Der Schlüssel zum Erfolg liegt in der systematischen Herangehensweise: Von der sorgfältigen Prüfung vor der Übernahme über die strukturierte Datenübernahme bis zur durchdachten Kommunikationsstrategie.

Die WEG-Reform 2020 hat dabei vieles vereinfacht – die Legitimation erfolgt durch das Bestellungsprotokoll, separate Vollmachten sind Geschichte. Gleichzeitig ermöglichen digitale Lösungen wie SCALARA eine effiziente Verwaltungsübernahme, die früher Wochen in Anspruch nahm.

Die wichtigsten Erfolgsfaktoren im Überblick:

  • Gründliche Due Diligence trotz Zeitdruck
  • Lückenlose Dokumentation aller Übergabeschritte
  • Transparente Kommunikation mit allen Beteiligten
  • Konsequente Digitalisierung von Anfang an
  • Strukturierte 100-Tage-Planung

Mit der richtigen Vorbereitung und den passenden digitalen Tools wird der Verwalterwechsel zum Jahresanfang nicht zur Belastungsprobe, sondern zum erfolgreichen Start einer langfristigen Verwaltungsbeziehung.

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Ein Artikel von
Astrid Schultheis
SCALARA Expertin für Rechnungswesen; Ö.r.b.u.v. Sachverständige für Wohnungseigentumsverwaltung; Mitentwicklerin der WEG-Musterabrechnung

Astrid Schultheis ist eine von vier bundesweit ö.r.v.u.b. Sachverständige für Wohnungseigentumsverwaltung und schreibt Gutachten für Gerichtsverfahren, insb. zum Thema WEG-Abrechnung und Rechnungswesen. Sie ist Mitentwicklerin der WEG-Musterabrechnung 1.0 - 3.0 und ist seit über 30 Jahren Inhaberin einer mittelständischen Verwaltungsgesellschaft.
Bei SCALARA arbeitet sie seit Anbeginn an der Konzeption insb. des Buchhaltungs- und Zahlungsverkehrmoduls mit und unterstützt mit Ihrem einzigartigem fachlichen Know-How.
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